Der Wahnsinn mit der Audioqualität

Gestern hat Marcus Richter vom RBB Radio Fritz für die Sendung Trackback ein Interview mit mir geführt. Auch wenn ich nicht jeden Tag interviewt werde, ist das sicherlich noch kein Thema für einen eigenen Artikel. Die Umstände allerdings, unter denen dieses Interview stattfand, waren nicht frei von Ironie und hoch audiotisch. Eine kleine Zusammenfassung, wie man einen unbescholtenen Radiomoderator und seinen Tontechniker in den Wahnsinn treibt.

In der vorletzten Trackback-Sendung empfahl mich Holger, bekannt als MacManiac, als nächsten Interviewpartner für die Rubrik „Blogger privat“, die inzwischen in fester Podcaster-Hand ist. Holger gab an, er höre den Ohrenblicke-Podcast vor allem wegen der „wahnsinnig guten Audioqualität“. So bekam ich im Laufe der letzten Woche eine Mail von Marcus Richter. Er fragte, ob ich für ein Interview zur Verfügung stehen würde. Da ich am Samstag auf der Hörspielmesse in Hamburg sein würde, einigten wir uns das Interview aufzuzeichnen. Auch das sei allerdings nur am Samstag möglich, denn an den Tagen davor würde er nicht im Sender sein. Die Möglichkeit im Radio ein bisschen für mein Projekt zu werben wollte ich mir nicht entgehen lassen und versicherte ihm leichtsinnigerweise, dass ich in Hamburg schon irgendeine ruhige Ecke finden würde.

Legebatterien, stille Örtchen, Notausgänge und -lösungen

Es kam der Samstag und mit ihm die Hörspiel 2010 in Hamburg. Die Messe ist dieses Jahr vom Hühnerposten in die Markthalle umgezogen, was irrigerweise suggerierte, dass es diesmal weniger eng sein würde. Doch im Vergleich zum Hühnerposten fällt die Markthalle in die Kategorie Legebatterie – die Hörspielfans quetschten sich durch die schmalen Gänge zwischen den Ausstellern und man war sich einander so nah wie schon lange nicht mehr. Wo sollte ich hier eine ruhige Ecke für ein Telefoninterview finden? Auch das sprichwörtlich stille Örtchen war relativ gut frequentiert und mal ehrlich, ein Radiointerview auf einem öffentlichen Klo zu führen, dazu gehört schon eine gewisse Abgebrühtheit.

Als Notlösung entpuppte sich der Notausgang. Hier führte ein Treppenhaus nach unten und es schien einigermaßen ruhig zu sein. Stille ist ein relativer Begriff, der ohne die Existenz von Lärm ohnehin bedeutungslos wäre. Als ich Marcus anrief, leitete mein persönlicher Lebensregisseur ein paar Störereignisse ein, um meinen Lebensfilm dramaturgisch ein wenig aufzupeppen. Zunächst kam Johanna von der Lauscherlounge hinzu, die mit einem Kollegen eine kleine Raucherpause einlegen wollte. Ich musste feststellen, dass es schon ein wenig peinlich ist seine Mitmenschen zu bitten den Schnabel zu halten, weil man ja gleich ein, hüstel, Radio-Interview führen würde. Johanna und ihr Kollege ließen sich nicht anmerken, was sie von Typen halten, die sich wichtiger machen müssen als sie sind, und versprachen leise zu sein.

Was ist denn das für ein Rauschen in der Leitung?

Das Interview begann und Marcus nutzte die von Holger gelobte „wahnsinnig gute Audioqualität“ meiner Ohrenblicke als Einstieg für das Interview. Ob ich denn ein paar Tipps hätte, wie man als Podcaster so eine „wahnsinnig gute Audioqualität“ erreichen könne. Ich setzte gerade zu einem Monolog an, dass natürlich zunächst ein ruhiger und hallarmer Raum wichtig sei, als oben auf der großen Bühne die nächste Live-Veranstaltung begann, die offenbar so wahnsinnig gut war, dass das Publikum tobte – ein Ohrenblick, der bis ins Treppenhaus des Notausgangs deutlich zu vernehmen war.

„Was ist denn das für ein Rauschen in der Leitung?“ fragte Marcus verwirrt.
„Ähm, das Publikum. Stört das etwa?“

Wir einigten uns, dass wir die Aufzeichnung abbrechen und ich mich nach ganz unten verziehen würde, wo es hoffentlich etwas ruhiger sei. Ich ging die Treppe hinunter und durch eine schwere Eisentür nach draußen. Hier war es halbwegs still, bis eine S-Bahn vorbeiratterte, denn die Markthalle liegt in direkter Nähe zum Hamburger Hauptbahnhof. Ich verzog mich daraufhin in den Eingang des Treppenhauses. Es war still und das Interview konnte beginnen.

Ich erklärte Marcus, dass beispielsweise ein schlechtes Mikrofon und ein halliger Raum einer „wahnsinnig guten Audioqualität“ im Wege stehen würden, während meine Stimme durchs Treppenhaus hallte. Das war offenbar das Signal für ein paar Messebesucher laut diskutierend herein zu platzen und die schwere Eisentür hinter sich zuzuschlagen. Bumm!!

Eisentüren, Elefanten und Snare-Drums

„Ein gutes Mikrofon ist natürlich Voraussetzung für eine wahnsinnig gute Audioqualität, aber…“
„Du, warten wir erst mal, bis der Elefant weg ist, der da die Treppe runtertrampelt“, unterbrach mich der hörbar genervte Moderator.
Ich wollte noch ergänzen, dass der „Elefant“, der gerade durch die schwere Eisentür hereingekommen war, die Treppe in Wirklichkeit hinaufging, verkniff es mir aber und kicherte nur verlegen, während die Eisentür ins Schloss fiel. Bumm!!

„Aber wichtiger als die Technik ist doch, dass der Podcast inhaltlich was zu bieten … ähm, du wirst es nicht glauben, aber da kommt gerade jemand mit einer Snaredrum die Treppe runter!“ unterbrach ich mich.

Wir warteten, bis der Typ mit der schnarrenden Trommel das Treppenhaus verlassen hatte und die Eisentür hinter ihm zuknallte. Bumm!!

Den Rest des Interviews zogen wir dann knallhart durch und ich dachte mir, dass beim Interview mit einem Ohrenblicker Hintergrundgeräusche doch im Grunde dazugehören würden, als eine weitere Person das Treppenhaus betrat und, als sie meiner gewahr wurde, ganz leise die Tür hinter sich zuzog. Es gibt noch Menschen mit Rücksicht.

Nach dem Ende des Interviews verabschiedete sich Marcus mit den Worten: „Ich muss das jetzt noch, ähm, so ein bisschen schneiden“. Ich wünschte ihm frohes Schaffen, bedankte und verabschiedete mich und kraxelte die Treppen hinauf in Richtung Legebatterie.

Das Interview könnt ihr euch im Podcast zur Sendung anhören. Ich entschuldige mich allerdings jetzt schon für den halligen Handyquäksound. Es ist eben nicht immer so einfach mit der wahnsinnig guten Audioqualität!

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7 Kommentare zu „Der Wahnsinn mit der Audioqualität“

  1. Pingback: Stilles Örtchen? Denkste! « Not quite like Beethoven

  2. „…unterbrach mich der hörbar genervte Moderator.“

    So kann’s gehen.

    ich war eigentlich entspannt, aber dachte, Du wärst genervt, weil meine Qualitätsansprüche so hoch sind…

    Wie auch immer: Schönes Interview. Gerne wieder. Dann aber mit Profi-Technik, ne?

  3. PS: Das mit „in fester Podcaster-Hand“ find ich super. Ich habe lange nach einer Möglichkeit gesucht, mehr Podcasts in der Sendung vorzustellen. Wenn ich nur früher gewusst hätte, wie einfach das ist!

  4. Hallo Marcus,
    wirklich entspannt war ich sicher nicht, aber das hatte auch mit der Hörspielmesse zu tun. Was die Qualitätsansprüche betrifft, da rennst du bei mir natürlich offene Türen ein (eigentlich bin ja ich der Typ, der alle mit seiner Pingeligkeit nervt), wobei sich Handy und Qualität wohl schon von vornherein ausschließen. Wenn dann auch noch ein halliges Treppenhaus, Snare-Drums und Stahltüren hinzukommen und man ausgerechnet über Voraussetzungen für gute Audioqualität spricht, dann kommt da schon mal eine schöne Story heraus. Ich hätte besser noch meinen Rekorder die Atmo mitschneiden lassen sollen, das wäre Stoff für eine echte Ohrenblicke-Geschichte gewesen.

    Für weitere Interviews und Gespräche über Podcasts und Podcasting bin ich natürlich immer zu haben (wir Podcaster neigen zur Mediengeilheit), gerne auch bei euch im Studio in stressfreier Profi-Atmosphäre. ;)

  5. Podcaster neigen zur Mediengeilheit – ich bin mir keiner Schuld bewusst.
    Ähhhm mal überlegen, wie war das, was hab ich schon, Radio, TV, Webradio, Zeitung, Print und Co, Coburger Medienclub und Medienpreis….

    Ja doch ich wiederhole es, ich bin mir keiner Schuld bewusst – aber schon Mediengeil, oder?!?!?!

  6. Ach so, ich hab die öffetliche Real-Präsentation vergessen in Verbindung mit den traditionelle Medien an ner Art Messestand uhhhhh – jaaa das hatte ich neulich…

    Doch doch doch ich muß das Mediengeil hier unterstreichen, es stimmt, bin dem wohl auch verfallen – kack ey – aber die Arbeit muß ja irgendwo mal gewertet werden – nich?

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