Einblicke

... und Ausblicke

In einem Camp in der tunesischen Sahara spielte ich einem Kanadier, seiner Frau und zwei Amerikanerinnen meine Tonaufnahmen der Bergoasen vor, die wir ein paar Tage zuvor besucht hatten. Sie bekamen glänzende Augen und hatten offenbar den Eindruck, als würde das plätschernde Bächlein, das sie hörten, direkt vor ihnen durch den Wüstensand fließen. Was ich denn mit meinen Aufnahmen machen wolle, fragte mich der Kanadier. „Keine Ahnung“, meinte ich, „ich sammle sie nur, um sie mit nach Hause zu nehmen. Genau so wie andere Fotos sammeln.“

Das liegt nun über 18 Jahre zurück. In den Jahren 2002 und 2003 reiste ich durch Australien, wo ich ebenso „Ohrenblicke“ sammelte wie bei den mehrtägigen Zwischenstopps in Hongkong und Thailand. Zurück in Deutschland, im Jahr 2003, sicherte ich mir die Domain ohrenblicke.de und bastelte eine noch recht bescheidene Website über mich und meine Projekte.

Im Jahr 2005 hörte ich dann, dass man mit sogenannten „Podcasts“ Audiosendungen im Netz verbreiten kann. Ein Jahr später war der Podcast „Ohrenblicke“ geboren: Ein Audiomagazin, in dem ich vor allem meine gesammelten Reise-Tonaufnahmen vorstellen wollte. Aufgrund eines ausgeprägten Spieltriebs und meiner Affinität zu Hörspielen wurde aus dem Podcastprojekt meine persönliche Spielwiese: Zu den Reiseerinnerungen kamen Hörspielereien, Sketche, Reportagen und Musik hinzu – ganz so wie eine Radiosendung, bei der man nicht von einer Redaktion in seiner Kreativität gebremst wird und die mit der Zeit ein Eigenleben entwickelt.

Ein durchgehendes Konzept gab es nicht, allenfalls ein Konzept, das sich von Folge zu Folge änderte, wie ich gerade Lust hatte. Ein roter Faden musste her, den ich in Form der Kurzfolgen „Nur ein Ohrenblick“ fand. Hier stehen die akustische Momentaufnahme und meine Gedanken dazu im Vordergrund. Dieses Format soll mich regelmäßig an die Kernidee meiner Ohrenblicke erinnern und es ist auch schneller produziert als die zeitaufwändigen Langformate aus meiner auditiven Spielzeugkiste.

Gereist bin ich seit damals nicht mehr viel und schon gar nicht weit. Aus den Australienerinnerungen entstand viele Jahre später ein Hörbuch, damit war das Thema Australien für mich abgeschlossen. Der Podcast war ein wenig eingeschlafen, ein bis zwei Folgen pro Jahr, mehr war nicht drin. Ich arbeitete inzwischen vor allem als Studiosprecher, trat nebenbei noch als Liedermacher auf Kleinkunstbühnen auf und produzierte Kinderlieder.

Doch was wurde aus den Ohrenblicken? Die Website war nicht mehr auf dem neusten Stand der Technik und bedurfte dringend einer Überarbeitung. Trotzdem kamen täglich hunderte Besucher, um sich auf der Infoseite „Was ist ein Podcast?“ über das Thema, das bis heute wieder sehr im Trend liegt, schlau zu machen. „Zu schade, die Website zu vernachlässigen“, dachte ich mir und machte mich an die Arbeit. Die Website wurde optisch entrümpelt und technisch an die Darstellung auch auf mobilen Geräten angepasst. Das Känguru auf meiner Pinnwand verschwand und machte einer Kassette Platz, die an meine ersten Versuche als Produzent von „Hörsendungen“ erinnern soll.

Und der Podcast? Die Motivation ist zurückgekommen, aber neue Ideen müssen her. Das Format „Nur ein Ohrenblick“ wird als roter Faden fortgeführt. Was es sonst noch geben wird – da lasse ich mich von mir selbst überraschen. Und vielleicht sitze ich ja bald mal wieder in der Wüste und zaubere staunenden Menschen eine Oase vor die Nase!

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