Ohrenblicke 20 – Hörspiel: Schlummernde Viren

Die Regierung steht vor einem existenziellen Problem: steigende Arbeitslosenzahlen, schlechte Umfragewerte, die nächsten Wahlen scheinen verloren. Es gibt jedoch eine Möglichkeit das Ruder noch herumzureißen: Ein umstrittener Plan soll endlich aus der Schublade geholt werden. Arbeit und Wohlstand für alle sind das Ziel. Doch wie so oft klafft zwischen Theorie und Praxis eine verheerende Lücke.

Eine Hörspiel-Politsatire aus der Ohrenblicke-Schmiede

Sprecher (in der Reihenfolge ihres Auftretens):

Skript, Musik, Regie, Produktion: Jens Wenzel im August 2009 für den ARD-Wettbewerb “Premiere im Netz”

Die Idee des Berufs “Arbeitslosenanimateur” stammt von Michael Koser und wurde meines Wissens nie in seinen Hörspielen umgesetzt.

14 Kommentare zu „Ohrenblicke 20 – Hörspiel: Schlummernde Viren“

  1. Hallo mo-cacher, ich weiß nicht, ob du die Folge 19 gehört hast. Jedenfalls wird es weitere Hörspiele in diesem Format im Ohrenblicke-Podcast nicht geben, da es sich hier um einen Wettbewerbsbeitrag handelt, den ich quasi als "Zweitverwertung" hier veröffentliche. Sowas ist für einen Podcast zu aufwändig und ich denke, dieses Format ist auch nur bedingt "podcasttauglich". Ich wollte den Beitrag nicht in der Schublade verschwinden lassen, weil ich das Thema für aktuell und diskussionswürdig halte.

    Schade deshalb, dass du nicht auf den Inhalt eingehst, denn die Umsetzung ist ja nur Mittel zum Zweck. :)

  2. Ich habe mit Genuß zugehört. Arbeitslosigkeit ist eines der größten Themen gerade unter jungen und älteren Menschen. Das aufzugreifen, ist sehr mutig von dir. Ich hatte nur einmal Kontakt mit der Arbeitsagentur und war tief enttäuscht, wie bürokratisch und vereinfachend mit einem so komplexen Thema verfahren wird. Die Sinnlosigkeit der Maßnahmen und der Druck auf den einzelnen Menschen ohne Anstellung schreit zum Himmel. Wenn es wirklich nichts zu tun gäbe im Land, aber es gibt so viel anzupacken.

    Gruß aus Schweden. Martin

  3. Bei Podster gab es ein paar Kommentare, die teilweise auch kritisch waren. Ich möchte hier ein paar Auszüge zitieren, damit sie nicht verloren gehen und freue mich über weitere Beiträge, gerne auch kritische!

    LOA schrieb:
    "Leider trifft das Hörspiel die Realität streckenweise haargenau und schildert das verwaltete Elend erschreckend wirklichkeitsnah, wenn auch satirisch auf die Spitze getrieben. Die Generationen "Praktikum und ABM" haben die Vorstufen erlebt…"

    Dübel schrieb:
    "Die düstere Vision einer nicht allzu fernen Zukunft, in der sich der Staat um das Wohl der Arbeitslosen sorgt. Das Ende ist dann sogar schwarzhumorig. Mal eine andere Ohrenblicker-Folge … und wenn man weiss worauf man sich einlässt auch hörenswert."

    Wellenformen schrieb:
    "Ich nehme an, dass es dir im Schwerpunkt um eine kritische Aufarbeitung der Sozialpolitik ging, dafür bewegst du dich mit deiner Geschichte zu sehr auf "Bild Zeitungs" Niveau. Damit meine ich, dass die Geschichte ohne viel Ironie oder Überzeichnung lediglich bestehende Vorurteile aufgreift. Böse perfide Politiker und dümmlich egoistische Arbeitslose, die sich mit ein bisschen Geld fernsteuern lassen. naja…."

  4. habe es kein zweites mal gehört, darum nur nochmal rückblickend meine eindrücke, die sich so gehalten haben:
    für mich extrem langweilig/nervig, weil (in meinen ohren) schlechtes story-telling.
    mein einduck war: "der hörer ist eh zu blöd zu verstehen, was ich sagen will, darum erzähle ich es lieber so oft wie (un)möglich".
    teilweise kam bei den sprechern zu viel hölzernheit durch (geschriebenes vs. gesprochenes wort) und die rede des politikers war einfach nur peinlich umgesetzt.

    und das hat jetzt nichts, wie von einigen vermutet, mit disserei zu tun.

  5. Also ich hör den Ohrenblicker sehr gerne und das Hörspiel fand ich große klasse es war zwar bitterböse aber gut.
    Ich würde mir gerne mehr Hörspiele wünschen. Aber eine "normale" Ohrenblickfolge hätte ich auch mal wieder gerne.
    Auf jeden Fall alles super mit dem Podcast. Viel Glück und viel Erfolg.

  6. Harte Kost, aber meiner Meinung nach schon recht nah an der Realität.
    Das Langzeitziel Vollbeschäftigung, von dem alle Parteien sprechen ist nunmehr seit 30 Jahren immer wieder gern zitiert, aber angesichts sich wandelnder Produktionsabläufe, veränderter Bedürfnisse, gesellschaftlicher Brüche und natürlich auch im Zuge des Globalismus ein kaum mehr zu erreichender Zustand. Es gibt eben nicht genügend Jobs für alle. Und es werden im Laufe der Zeit noch weniger, also steigt die Diskrepanz zwischen Menschen mit Erwerbseinkommen und Menschen die Transferleistungen beziehen.
    Schön fand ich vor allem den Teil, als der Arbeitslosencoach seiner Frau erzählt, dass er wegen der Beförderung nicht mehr Geld bekommen wird, sondern einfach nur Zufriedener sein wird, aufgrund seiner Tätigkeit. Das erinnert mich stark an die Debatte zwischen Nancy Frasier und Axel Honneth. Da ging es darum, ob "Hausfrauen", also Frauen, die nicht berufstätig sind und ausschließlich reproduktive Tätigkeiten (Haushalt, Kinderbetreuung etc.) erledigen mehr Anerkennung für ihr Tun erhalten sollten, oder durch Umverteilung finanziell entgolten werden sollen. Witzigerweise hatte übrigens Bodo Hombach ende der 90er Jahre (seinerzeit noch Kanzleramtsminister unter Gerhard Schröder) die Idee, Arbeitslosen verstärkt die Aufnahme von Ehrenämtern schmackhaft zu machen. Das ging ja schon stark in die Richtung des Hörspiels. Wobei man allerdings sagen muss, dass Arbeitslosigkeit in der Tat für viele Menschen vor allem aufgrund des Gefühls der Nutzlosigkeit so schwer ertragbar ist, der finanzielle Aspekt steht für etliche erst an zweiter Stelle.
    Ernsthafte Ansätze das Problem Arbeitslosigkeit anzugehen gibt es indes nicht, bzw. werden nicht wirklich debattiert. Ideen wie das Bedingunglose Grundeinkommen für alle würden ersteinmal vorraussetzen, dass sich unsere Herrschenden dazu bekennen, dass Vollbeschäftigung in den nächsten 25 Jahren nicht erreichbar ist.
    Vielmehr will uns die Regierung einlabern, dass sie Wachstumskräfte freisetzen wird, indem sie ner handvoll Leute die Abgaben senkt und dann wird es viele neue Jobs geben; na dann VIEL GLÜCK!!!
    Mir hat das Hörspiel jedenfalls sehr zugesagt!

  7. Ich finde weniger, dass der Inhalt des Hörspiels polarisiert, sondern vielmehr die Tatsache, von wem es kommt: Da gibt es diesen Podcaster, von dem ich weiß, dass er sich Ohrenblicker nennt und seine Hörerschaft die lieben Lauschenden; der am liebsten in O-Tönen vergangener Tage und Urlaube badet und diese dann auch, sich der Liebe zum Detail hingebend, genial verarbeitet; der Jensigramme auf der Ukulele spielt; der in seinem eigenen Forum mit sich selbst redet; der für eine alternative Premierenfeier in eine imaginäre Kopfkinowohnung geht, dort Annik Rubens im Schrank vorfindet und mit ihr virtuellen Schampus trinkt, weil der ja nichts kostet; der also – und hier erreicht meine Subjektivität ihren Höhepunkt, weil ich dich weder live noch privat kenne – für seine Hörer in jeder Folge ein Szenario schafft, dass sich zwischen postkindlicher Fantasie und spätjugendlichem Leichtsinn einordnen lässt, weil so und mit den richtigen akustischen Signalen doch alles möglich ist; dieser Podcaster kündigt mit Trailer und Tweets (Pauken und Trompeten) eine Politsatire an. Da war ich natürlich mehr als gespannt, wie das zusammengeht – oder wie er den Sprung in die reale Welt meistert. Ich habe zugehört, die Idee verstanden, aber kein bisschen weiter darüber nachdenken müssen. Sondern habe mich einfach nur über deine Entscheidung gewundert, ein solches Thema zu bedienen und dann auch noch auf die althergebrachte Weise anzukündigen. Und damit lautet mein Fazit: Für den Wettbewerb hast du dich in meinen Augen einfach im Genre vergriffen, weil du deine Stärken nicht ausspielen konntest. Nicht mehr, nicht weniger. Ich würde mir deshalb, wenn ich Programmchef deines Podcasts wäre, für die Zukunft wünschen, dass ich "den anderen Jens" besser kennenlerne, der sich mit ernsten Themen befasst. Denn der ist bei mir gerade durchgefallen. Ich gehe davon aus, dass du das gar nicht willst (und inwiefern man man selbst in diesem Medium ist oder sein kann oder andere eben nicht an seinen eigentlichen Gedanken teilhaben lassen möchte, steht nochmal auf einem ganz anderen Blatt), aber das wäre für mich jetzt die spannendste Frage für die Zukunft.

  8. Hallo Jens … ich war ziemlich überrascht als ich mir deinen Beitrag zu 'Premiere im Netz' anhörte. Eine solch provokante Politsatire vom Ohrenblicker?! Damit hatte ich, auch im Hinblick auf die vorherigen Hörspiele nicht gerechnet. Ich denke Teddy hat recht wenn er sagt, dass du in diesem Wettbewerb deine eigentlichen Stärken nicht wirklich ausgespielt hast. Mit einem Hörspiel alla Jens dem Ohrenblicker, vielleicht sogar mit Wilson und den anderen Figuren die du immer mal in deinem Podcast zu Wort kommen lässt wärst du bestimmt weiter gekommen.
    Nichts desto trotz finde ich dieses Hörspiel gut geworden, besonders wenn man bedenkt in welch kurzer Zeit du es produziert hast.
    Sicherlich lässt sich über viele Aspekte und Ansichten streiten, insbesondere wenn man die überspitzten Klischees und Vorurteile, die darin vorkommen nicht als Sarkasmus erkennt.
    Was ich aus der ganzen Geschichte mitnehme ist folgendes: Wir Deutschen sind wahrscheinlich Weltmeister im meckern. Wenn wir aber von einer höheren Institution etwas gesagt bekommen (und sei es noch so offensichtlicher Blödsinn) tun es viele einfach ohne ihren Verstand einzuschalten.
    Wir müssen nicht alles hinnehmen was man uns auftischt, denn wozu leben wir denn schließlich in einer Demokratie mit Grundrechten wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit??
    Ich freu mich schon auf den nächsten Podcast.
    Lg

  9. Hallo Abbelmentos, es ging mir bei der Auswahl meines Themas nicht darum, im Wettbewerb möglichst "weit zu kommen", sondern ich wollte dieses Thema so umsetzen, wie ich es mir vorgestellt habe, weil mir das Thema wichtig ist. Natürlich wäre eine Nominierung schön gewesen, aber dass es auch ohne geht, zeigt die Resonanz, die ich bislang bekommen habe. Eine Erstplatzierung habe ich ohnehin nicht erwartet (nur die hätte mir wirklich was genutzt).

    Ich gebe zu, dass es keine "typische" Ohrenblicke-Folge ist. Aber gibt es die eigentlich? Ein typischeres Ohrenblicke-Hörspiel (die fortgesetzte Socken-Geschichte aus Folge 3) habe ich im letzten Jahr bei einem anderen ARD-Wettbewerb eingereicht, ebenfalls erfolglos (ich weiß noch nicht, ob ich die hier mal veröffentliche). Ich denke nicht, dass man eine Nominierung "planen" kann und vielleicht ist das auch gut so. Ich mache mein Ding und ich mache es so gut wie ich kann.

    "Klischees und Vorurteile" habe ich keine beabsichtigt, denn die Realität ist gar nicht so weit davon entfernt (siehe die verlinkte ARD-Doku). Überhaupt denke ich, dass die Realität manchmal weitaus satirischer sein kann als Fiktion, besonders in diesem Fall.

    Ich danke allen für ihr Feedback!

  10. Wow! Man muss sagen (wieder mal! ;-)): einfach nur beeindruckend gut gemacht. Wunderbar auch die klitzekleinen Kleinigkeiten: das Kleinkind-"Ja!"-Jauchzen nachdem die Mutter meinte, sie wolle mal wieder in den Urlaub fahren… ;-)

    Trotzdem muss ich sagen, dass mir das Hörspiel *nicht* gefallen hat. Nein, ich fand es nicht langweilig oder gar schlecht erzählt, auch nicht hölzern. Auch bin ich nicht der Meinung, dass die Aufarbeitung auf Bildzeitungsniveau stattfand — ganz im Gegenteil! Warum man den Eindruck haben könnte, der Hörer würde für Dumm verkauft, kann ich auch nicht nachvollziehen: die Wiederholungen sind kein Dummverkaufen, sondern legitimes (und sehr passend gewähltes) Stilmittel, den dargestellten Wahnsinn zu verdeutlichen, zu potenzieren. Die Rede des Politikers war *peinlich*, ja. Keinesfalls aber war sie peinlich *umgesetzt*!

    Der Grund, warum dieses Hörspiel nicht gefällt, kam aus meinem Bauch: während des Hörens verspürte ich ein eigenartiges Grummeln, das ich zunächst nicht verorten konnte. Nach kurzem Nachdenken wurde es mir aber klar: die ganze Zeit hatte ich Stichworte wie "sozialistische Einheitspartei", "Arbeit macht frei" oder "Brot und Spiele" im Kopf. Obwohl von Jens selbst als "beißende Satire" eingeschätzt, konnte ich nicht ein einziges mal lachen oder auch nur schmunzeln — ständig dieses flaue Gefühl im Magen, und irgendwie musste ich wieder und wieder an den Film "THX 1138" (George Lukas) denken …

    … hmm. Nun. Vielleicht war das ja seine Absicht. Mission Completed?

    Gruß,
    – Björn

    P. S.: Warum seid Ihr alle so überrascht, vom Ohrenblicker eine solche Folge zu hören? Dass sie "außer der Reihe" ist, nicht ganz in diesen Podcast passt und sich dieses auch nicht wiederholen wird, hat Jens ja mehrfach dargelegt. Nagut, das hat er bezüglich Folge 14 auch gesagt… ;-) Nein, einzig "typische" Folgen sind vielleicht die Reiseberichte (#009-Tomaten, #012-Tunesien, #016-Poldi), ansonsten ist jede Folge ziemlich eigenständig (um nicht zu sagen: einzigartig ;-)), so dass dieses Hörspiel hier sicher nicht fehl am Platze ist.

    Und die Person Jens Wenzel auf den Ohrenblicker und Wilson zu reduzieren, kann wohl nicht Euer Ernst sein, oder? ;-) Ich jedenfalls fand die virtuelle Premierenfeier zusammen mit der Frau aus dem Schrank sehr gut und überhaupt nicht unpassend.

  11. Hallo Coke,

    kleine Richtigstellung: Ich habe nicht behauptet, dass es "beißende" Satire wäre (bei Twitter habe ich lediglich zwei Extreme als Diskussionsaufruf gegenübergestellt, die aber nicht zwangsläufig meine Meinung wiedergeben).

    Zum Lachen wollte ich damit auch niemanden bringen, es ist in der Tat eher depressiv. Dass Satire nicht immer lustig ist, zeigen ja auch Filme wie "A Clockwork Orange" oder der Roman "Der Tag des Opritschniks" von Vladimir Sorokin (hatte ja kürzlich das Hörbüch mit Kaminski vorgestellt, das auch alles andere als lustig ist).

    Ich überlege auch gerade, ob ich überhaupt beabsichtigt habe, dass das Hörspiel "gefällt". Ich denke, eher nicht. Insofern ist dein Urteil vielleicht gar nicht so unzutreffend.

    Apropos Lachen: Die einzig lustige Szene hört man fast nicht, es ist die Fernsehtalkshow in der Wohnung von Paretzki. Vielleicht gebe ich das mal als Bonusmaterial heraus, ist aber nicht jugendfrei und man hört, dass ich nicht wirklich gut berlinern kann. ;)

  12. Persönliche Einstufung dieser Hörgeschichte: Horror
    Wieso? Ich bin selber arbeitslos, die Geschichte jagte mir einen kalten Schauder über den Rücken und ließ zum Schluss ein ziemlich ungutes Gefühl zurück. Also… alles richtig gemacht. Echter Horror vom feinsten.
    Wie dünn die Grenze zwischen Wahrheit und Fiction dieser Geschichte ist, merkt man wenn man sich "Die Armutsindustrie" auch noch ansieht.
    Die Perseptiven von Arbeitslosen sind nie gut und sie werden momentan nicht besser. Aber der gesunde Menschenverstand sollte doch sich irgendwann mal einschalten, wenn Millionen um Millionen in Förderungen gesteckt werden und nichts dabei rumkommt… zugegeben. Es gibt Menschen die diesen "Tritt in den Arsch" brauchen, damit sie vom Sofa runter kommen, damit sie jeden Morgen aufstehen, damit sie wieder einen Sinn im Arbeiten sehen. Aber was ist mit dennen die wirklich arbeiten wollen und dann in einen sinnfreien 1-Euro-Job abgeschoben werden?
    Armes, reiches Deutschland, wie soll das weiter gehen?
    Ich finde die Veröffentlichung einer solchen Geschichte sehr mutig. Vielleicht sitzten jetzt noch mehr Hörer geschockt vor ihem PC oder Laptop und es beginnt ein umdenken.
    Gruß Merle.

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